Hilfen bei der Auseinandersetzung mit der Erkrankung

Menschen, die von einer ALS betroffen sind, müssen im Krankheitsverlauf zunehmende Beschwerden und Einschränkungen in Kauf nehmen. Es kommt zu Veränderungen im Arbeitsleben, in sozialen Aktivitäten, in der Ausübung von Hobbys oder Sport. Betroffen von den Veränderungen und Belastungen ist auch ihr unmittelbares Umfeld.

Mit einer schwerwiegenden Diagnose und dem Wissen um das Voranschreiten der Erkrankung zu leben, löst vielfältige Gefühle aus. Trauer, Wut, Angst und auch Verzweiflung gehören dazu. Manchmal kommt es zu Konflikten, weil auch innerhalb einer Partnerschaft oder Familie jeder auf seine Weise und in seiner Geschwindigkeit mit den gegebenen Herausforderungen umgeht. In Extremsituationen des Lebens, kann es passieren, dass die gewohnte Kraft einer perspektivlosen Müdigkeit weicht und Sie vielleicht den Mut und die Zuversicht verlieren. Solche Belastungen müssen Sie nicht alleine aushalten und bewältigen. Vielleicht möchten Sie manche Themen oder Fragen aber lieber mit einer Person besprechen, die nicht Teil Ihres alltäglichen Lebens ist. 

In diesem Fall kann es sinnvoll sein, professionelle Unterstützung und Entlastung in Anspruch zu nehmen. Vielleicht ist Ihnen dieser Gedanke fremd? Häufig haben Menschen die Erwartung an sich selbst, auch solche Situationen alleine meistern zu müssen. In einer guten professionellen Unterstützung finden Sie Entlastung, merken, wo Ihre eigenen Stärken liegen und entwickeln neue Umgangsstrategien und andere Sichtweisen auf das Leben. 

Psychotherapie

Psychotherapie bedeutet wörtlich übersetzt „Behandlung der Seele“ beziehungsweise „Behandlung von seelischen Problemen“. Sie bietet z. B. Hilfe bei Ängsten, Depressionen, Zwängen, aber auch Hilfen bei außergewöhnlichen Belastungen, wie einer ALS-Erkrankung. Um hier eine Unterstützung zu bekommen, können Sie einen Psychotherapeuten aufsuchen. Es gibt psychologische und ärztliche Psychotherapeuten. Letztere dürfen Ihnen Medikamente verschreiben.

In der Psychotherapie wird mit psychotherapeutischen Gesprächen, Entspannungsverfahren oder kognitiven Methoden gearbeitet. Dadurch können Sie Ihre Denk- und Handlungsweisen beleuchten und neue Strategien im Umgang mit der Erkrankung entwickeln.

Die verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihres Verständnisses der Entstehung von psychischen Krankheiten, als auch in ihrem Therapiekonzept und der Haltung des Psychotherapeuten. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen derzeit drei psychotherapeutische Verfahren: Verhaltenstherapie, Analytische Psychotherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. In akuten Krisenfällen können Sie sich an psychiatrische Ambulanzen wenden.

Wie finde ich einen passenden Therapeuten? 

Die Adressen der in Ihrer Nähe niedergelassenen Vertragspsychotherapeuten bekommen Sie von Ihrer regionalen Kassenärztlichen Vereinigung, von Ihrer Krankenkasse oder von der Psychotherapeutenkammer. Dort erfahren Sie, welche Therapeuten freie Kapazitäten haben.

Erstgespräche (probatorische Sitzung) dienen der Diagnostik, der Indikation sowie der Beziehungsklärung zwischen Patient und Therapeut. Erstgespräche können bei Bedarf mit mehreren Therapeuten geführt werden. Führen Sie vor jeder avisierten Beratung oder Therapie ein kostenloses Vorgespräch mit dem Therapeuten, um einen persönlichen Eindruck zu gewinnen. Lassen Sie sich die Inhalte und Vorgehensweisen erklären.

Beratung

Der Begriff „Beratung“ ist nicht geschützt. Grundsätzlich kann sich jeder von jedem bei Problemen und persönlichen Schwierigkeiten beraten lassen. Psychotherapie ist explizit ausgewiesen als Heilbehandlung und wird daher von der Krankenkasse bezahlt. Professionelle Beratung muss in der Regel selbst bezahlt werden, wenn sie nicht ausdrücklich kostenfrei angeboten wird.

Wir vom Fachberatungsteam der DGM informieren Sie zu verschiedenen Themen, die Ihre Erkrankung betreffen. Wir geben Ihnen psychosoziale Hilfestellungen und beraten Sie zu Ihren Rechten und Leistungsansprüchen aus dem Sozialrecht, wie z. B. Rehabilitation, Pflege und Schwerbehindertenausweis sowie zur Heilmittelversorgung. Unser Team informiert Sie über medizinisch-therapeutische Behandlungsmöglichkeiten und aktuelle Entwicklungen in der Forschung. In der Hilfsmittelberatung erhalten Sie Informationen über Hilfsmittel, zum Thema barrierefreies Bauen und auch zu behindertengerechten PKWs. Hierbei werden auch mögliche Kostenträger und der Versorgungsablauf besprochen. 

Die regionalen ALS-Gesprächskreise ermöglichen Ihnen einen intensiven Austausch über den Umgang mit der Erkrankung. Und sie finden in der DGM bundesweit ehrenamtliche Kontaktpersonen mit dem Schwerpunkt ALS, die Sie anrufen oder anschreiben können.

Paar- und Familienberatung oder -therapie

Paar- und Familienberatung oder -therapie kann helfen, die familiären Beziehungen und den Zusammenhalt zu stärken. Diese Verfahren werden von niedergelassenen Paar- und Familientherapeuten in Privatpraxen angeboten und müssen selbst bezahlt werden. Psychologische Beratungsstellen für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in unterschiedlicher Trägerschaft bieten gegen einen Unkostenbeitrag ebenfalls qualifizierte psychologische Beratung und Kurzzeittherapien für Einzelne, Paare und Familien sowie themenbezogene Gruppen und Kurse an.

Seelsorge, spirituelle und andere Angebote 

Die ALS-Erkrankung kann Ihr Bewusstsein für Religiosität und Spiritualität schärfen. Existentielle Bedürfnisse und Fragen nach dem Sinn des Lebens, Hoffnung, Glaube, Zugehörigkeit und andere spirituelle Themen können sehr wichtig werden. Vielleicht suchen Sie Kraft in der Ausübung Ihres Glaubens und Unterstützung durch einen Seelsorger oder in Ihrer Glaubensgemeinschaft. Vielleicht finden Sie auch Ansprechpartner und Begleitung in esoterisch-spirituell geprägten, naturheilkundlichen oder alternativmedizinischen Angeboten. Diese Angebote können sehr hilfreich sein. Sie sollen keinesfalls die Standardtherapie ersetzen, können jedoch ergänzend wahrgenommen werden. Finden Sie heraus, wer / was Ihnen gut tut und überprüfen Sie für sich selbst, welche Hoffnungen Sie in eine Behandlung setzen bevor Sie investieren.

Es gibt Ansätze, die eine Heilung versprechen. Bitte seien Sie dann besonders hellhörig und vorsichtig, denn dies kann nicht den Tatsachen entsprechen. Besonders skeptisch sollte auch der Ansatz der Aktivierung von Selbstheilungskräften im Zusammenhang mit ALS betrachtet werden. Hierbei können zusätzlich großer Druck aufgebaut und schwere Schuldgefühle hervorgerufen werden, wenn die Krankheit voranschreitet und es eben nicht gelingt, diese Kräfte zu aktivieren.

Hilfen bei akuter seelischer Not

Rund um die Uhr unmittelbare Hilfe bei akuter seelischer Not bietet die Telefonseelsorge. Am anderen Ende der Leitung treffen Sie auf geschulte ehren- oder hauptamtlich Beratende. Der Kontakt über die kostenlose Rufnummer der Telefonseelsorge wird anonymisiert. Falls Sie lieber schriftlichen Kontakt aufnehmen möchten, geht dies auch über die Chat- bzw. E-Mailberatung. Die deutsche Telefonseelsorge ist in kirchlicher Trägerschaft, berät aber unabhängig von Konfession, politischer Zugehörigkeit oder ideologischen Vorstellungen. Die Beratenden haben unterschiedlichste berufliche und persönliche Hintergründe und Schwerpunkte. Achten Sie auch hier jederzeit darauf, ob die Person und das Gespräch Ihnen gut tun. Langfristig empfiehlt sich die Anbindung an eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten, um eine vertraute Person zu haben, die Sie im Verarbeitungsprozess stetig begleiten kann.
Für Kinder gibt es spezielle Angebote. Betroffene Kinder und Jugendliche erhalten Hilfe und Rat beim kostenlosen Kinder- und Jugendtelefon (Nummer gegen Kummer). Auch online können sich Betroffene Rat und Hilfe holen. 

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