Nichtdystrophische Myotonien

Nichtdystrophische Myotonien

Myotonien sind Erkrankungen, bei denen als Hauptsymptom eine generalisierte Muskelsteifigkeit besteht. Myotone Myopathien lassen sich in die Gruppe der dystrophen Myotonien und die der nicht dystrophen Myotonien unterscheiden. Bei den dystrophen Myotonien (Curschmann-Steinert und PROMM) stehen progrediente Paresen im Vordergrund, wogegen bei den nicht dystrophen Myotonien (congenitale Myotonien) Paresen weniger relevant sind. Beeinträchtigend ist vor allem die myotone Symptomatik, die jedoch im Lebensverlauf nicht wesentlich progredient ist.

In Abhängigkeit von der Myotonieform kann sich die Muskelsteifigkeit nach längerer Belastung lösen oder aber auch erst dann auftreten. Plötzliche Bewegungen oder Erschrecken können die Steifigkeit auslösen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Muskelerkrankungen und zu den dystrophen Myotonien sind vielfach die Muskeln hypertrophiert (auffallend dick). Molekulargenetische Defekte in unterschiedlichen Ionenkanälen, die die elektrische Aktivität der Muskulatur regeln, sind verantwortlich für die verlängerte Muskelanspannung.

 

Historie, Klassifikation und Epidemiologie

Die erste Myotonie-Form wurde 1876 von Dr. J. Thomsen an sich selbst und seiner Familie beschrieben. Im selben Jahr wurde diese Erkrankung auch von Adolf Seeligmüller in Halle/Saale beschrieben. Gleichwohl wird diese Myotonia congenita heute lediglich mit dem Eponym Thomsen bezeichnet. Die Myotonia congenita Thomsen hat einen dominanten Erbgang und ist durch eine generalisierte Muskelsteifigkeit charakterisiert, die schon im frühesten Kindesalter in Erscheinung tritt.

In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts gelang es Prof. P. E. Becker durch die Analyse vieler Familien mit Myotonie, eine zweite, rezessive Form, die Myotonia  congenita Becker, von der dominanten Form zu unterscheiden. Schon bald zeigten elektrophysiologische Experimente, dass dieser Myotonie-Form eine reduzierte Chloridleitfähigkeit der Muskelfasermembran zugrunde liegt.  weiterführende Untersuchungen zeigten, dass bei anderen Patenten eine fehlende Inaktivierung der muskulären Natriumkanäle für die Myotonie verantwortlich sein musste.

Grundsätzlich werden entsprechend der betroffenen Ionenkanäle drei Myotonie-Formen unterschieden. (1) die Chloridkanal-Myotonien Thomson und Becker, wobei die Thomson Form dominant vererbt wird, die Becker-Form rezessiv und (2) die selteneren Natriumkanal-Myotonien mit der dominanten kälteabhängigen Paramyotonia congenita Eulenburg, der kaliumsensitiven Myotonia fluctuans und der Myotonia permanens sowie der sogenannten schmerzhaften congenitalen Myotonie.

Molekulargenetischen Untersuchungen weisen für die Becker-Myotonie auf eine ca. 10-fach höhere Inzidenz (Neuerkrankungsrate) hin als für Thomsen und die Kalium-sensitive Myotonie. Die lnzidenz für die rezessive Form Becker dürfte bei mindestens 1:20.000 (eine Neuerkrankung bei 20.000 Menschen) liegen. Damit
ergibt sich für die beiden anderen Myotonie-Formen eine Inzidenz von ca. 1:200.000.

Weiterführende Infos

Im Download finden Sie Hinweise zu Symptomen sowie zur Diagnosestellung und Therapie.

Infos und Selbsthilfeangebote

Unsere Diagnosegruppe vertritt die Interessen der Betroffenen und Angehörigen.

Myotone Dystrophie-Gruppe in der DGM