23.05.2023

Transition: Was ist das - wie ist es etabliert?

Plenum im Hörsaal

Der Übergang von der pädiatrischen zur medizinischen Versorgung von Erwachsenen wird als "Transition" bezeichnet. Dieser Prozess, bei dem Jugendliche mit chronischen Erkrankungen und ihren besonderen Bedürfnissen systematisch übergeleitet werden, kann für Jugendliche und junge Erwachsene eine Herausforderung darstellen. Sie müssen sich auf wesentliche Veränderungen in ihrer medizinischen Versorgung einstellen und mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen. Die Transition ist auch mit psychologischen und emotionalen Herausforderungen verbunden, insbesondere vor dem Hintergrund eines längeren „therapeutischen Bündnisses“ zwischen Patient/Patientin und Arzt/Ärztin.

Der Transitionsprozess ist zeitlich und inhaltlich abhängig von unterschiedlichen Parametern (z.B. Reifegrad des Jugendlichen), in der Regel wird die Transition zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr vorbereitet und erfolgt anschließend. Eine sorgfältige Planung und Koordinierung zwischen Kinderarzt, der Fachärztin und dem Gesundheitsdienstleister der Erwachsenen ist erforderlich. Die Transition ist nicht verpflichtend, hat in der Praxis keine vorgegebenen Strukturen, die fachlich sowie wirtschaftlich bindend sind. An der unter Federführung der Gesellschaft für Transitionsmedizin erarbeitet S3-Leitlinie (https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/186-001) haben sich über 20 medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften beteiligt. Eine flächendeckende Etablierung konnte bisher nicht erreicht werden.

Daher haben die Kongresspräsidenten, Prof. Ulrike Schara-Schmidt sowie Prof. Tim Hagenacker bewusst das Thema Transition als den Schwerpunkt des Eröffnungssymposium beim DGM-Kongress 2023 gewählt. Von den unterschiedlichen Modellen in Deutschland ist das „Essener Modell“ (www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9898325/) sicherlich ein herausragendes und etabliertes Vorgehen, bei dem die jugendlichen Patienten systematisch an die Strukturen der Erwachsenenneurologie herangeführt werden. Umfangreiche Dokumentationen und eine unter pädagogischen Gesichtspunkten alters- und reifeadäquate Kommunikation mit dem Patienten sind die Grundbausteine der festgeschriebenen Transitionsabfolge. Der frühzeitige Beginn sowie das gemeinsame Zusammenwirken von Pädiatrie und Neurologie sind die Basis für das Gelingen des Übergangs in die medizinisch-therapeutische Erwachsenenversorgung.

Die Rednerinnen und Redner auf dem Symposium konnten den Benefit für Patient und Behandelnde verdeutlichen. Transition erhöht die Adhärenz, Lebensqualität, Therapieerfolge und wirkt für das Versorgungssetting extrem ressourcensparend. Der umfangreiche Informationspool dient perfekt einem abgestimmten Behandlungsalgorithmus.

Wie sieht es in der Praxis aus? Das Symposium zeigt deutlich, welche strukturellen, wirtschaftlichen sowie inhaltlichen Barrieren in den meisten Behandlungszentren eine Transition verhindern. Ressourcen werden unzulänglich oder gänzlich verweigert, sowohl zeitlich als auch finanziell wird Transition wenig berücksichtigt. Es wird deutlich, dass Transition maßgeblich abhängig ist vom persönlichen Engagement handelnder Personen. Die sowohl in einem G-BA-Papier als auch in der extra erarbeiteten o.g. S3-Transitionsleitlinie umfänglich dokumentierten Rahmenbedingungen sind in der Praxis eher unbekannt.

Welche Ansätze müssen erfolgen, um flächendeckend eine Transition zu ermöglichen? In erster Linie scheint es, das Bewusstsein für einen positiven Effekt auf die Therapie mehr in den Blick zu nehmen. Natürlich sind die umfangreiche Dokumentation, Kommunikation und Interaktion der Transition mit einem wesentlichen Mehraufwand verbunden, die Verabreichungen von Tabletten und Spritzen dagegen trivial. Bereits im Curriculum der medizinischen Ausbildung ist daher anzusetzen, die strukturell und systematisch eingebaute Transition als medizinische Intervention zu verankern.

Abschließend gab es den dringenden Appell an alle Beteiligten in der Ausbildung sowie in der Klinik, sich dem Thema zu widmen, die studienbasierten positiven Effekte zu berücksichtigen und sich vor Ort für eine Etablierung der Transition zu bemühen.

Auf der anderen Seite ist dringend notwendig, die diversen vom Innovationsfond finanzierten Transitions-Projekte (auch in weiteren Indikationen) zu berücksichtigen und verschärft für eine verpflichtende Umsetzung in den Klinken zu drängen. Damit verbunden ist die Klärung der Finanzierung und Bereitstellung von Ressourcen.