06.05.2024

Tätigkeitsbericht des Landesvorstandes Thüringen der DGM für das Jahr 2023

Der Landesvorstand hat sich in seiner Arbeit 2023 auf die Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben konzentriert. Dabei standen vier Schwerpunkte im Mittelpunkt. 
Erstens ging es darum, die Öffentlichkeit, die Betroffenen und deren Angehörige über neuromuskuläre Erkrankungen weiter aufzuklären. Nach wie vor ist das Wissen um diese Erkrankungen zu gering und selbst in der Ärzteschaft und bei den gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern kennt man diese nur unzureichend. Deshalb versuchen wir durch die aktive Teilnahme an gesundheitspolitischen Veranstaltungen, Ärztekongressen und Ausstellungen mehr Informationen über neuromuskuläre Krankheiten zu vermitteln und mit Infoständen auch bei der Bevölkerung das Wissen zu erweitern.
Zweitens haben wir in mehr als 100 Beratungsgesprächen der Kontaktpersonen mit Erkrankten und ihren Angehörigen konkrete Hilfe und Unterstützung gegeben. Die meisten Beratungen bezogen sich auf Fragen zur Hilfsmittelversorgung, zu Sozialleistungen wie dem persönlichen Budget, der Teilhabe und Assistenz, sowie zur Pflege, insbesondere zur Intensivpflege. Mehr als 50 % der Anfragen kamen dabei von Betroffenen einer ALS und deren Angehörigen. Wenn die Kontaktperson Fragen nicht abschließend klären konnte, wurde auf die hauptamtliche Sozial- und Hilfsmittelberatung in der Geschäftsstelle der DGM in Freiburg verwiesen.
Der dritte Schwerpunkt unserer Arbeit war die Interessenvertretung im gesundheitspolitischen und sozialen Bereich. Durch Stellungnahmen wirkten wir an der Erarbeitung von Gesetzen im Sinne unserer Mitglieder mit. Insbesondere durch unsere aktive Mitarbeit in Dachverbänden wie dem Paritätischen Landesverband, der Liga der politischen Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen, in der ACHSE, oder den Arbeitsgruppen des Landes zur Umsetzung der UN-BRK konnten wir Einfluss nehmen.
Als vierte Satzungsaufgabe gilt es, die Forschungsförderung im Verein zu unterstützen. Der Gesamtverband hat im vergangenen Jahr über 700.000 Euro für Forschungsprojekte, Forschungspreise und die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen, die sich der Forschung zu neuromuskulären Erkrankungen verschrieben haben, ausgegeben. Die Mittel stammen vorwiegend aus Spenden und Vermächtnissen, aber auch aus den Beiträgen der Mitglieder.
Als Selbsthilfeorganisation leben wir aber in erster Linie von den persönlichen Kontakten, den Austausch von Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung und den Aktivitäten unserer Mitglieder. Deshalb haben wir auch 2023 wieder eine ganze Reihe von Veranstaltungen in unserem Landesverband organisiert.
Vom 24. bis zum 26. März haben sich die Vorstände aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Schlosshotel am Hainich in Behringen zu einer Klausurtagung getroffen.
Es ging dabei darum, die aktuelle Lage zu analysieren und entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Es wurde deutlich, dass die Krisen der letzten Jahre, negative Auswirkungen auf die Aktivität unserer Mitglieder hat. Die Teilnehmerzahlen an unseren Veranstaltungen sind nach wie vor recht niedrig und die Bereitschaft als Kontaktperson Verantwortung zu übernehmen sinkt. So kommt es zu einer Überalterung der Vorstände und der Kontaktpersonen. In den Aussprachen zur Verbesserung der Arbeit wurde aber auch deutlich, dass es Verschiebungen bei den Interessen der Mitglieder gibt. Viele, vor allem jüngere Mitglieder nutzen den Verein nur noch zum Informationsgewinn. Dabei genügt ihnen oft das Angebot über die Homepage und die Vereinszeitschrift Muskelreport. Es wurde aber 
auch deutlich, dass wir noch stärker mit den Kontaktpersonen vor Ort arbeiten und vor allem die Selbsthilfegruppen unterstützen müssen. In der Aussprache zur Jugendarbeit wurde nochmals auf die Wichtigkeit einer Konzentration auf junge Mitglieder, die Rolle der Jugendbeauftragten und der Jugendgruppe Mitteldeutschland, verwiesen.
Einen festen Platz in der Arbeit unseres Landesverbandes nimmt die Durchführung von Patientenakademien ein. Auch 2023 haben wir in enger Zusammenarbeit mit dem Neuromuskulären Zentrum der Uni-Klinik Jena eine solche Veranstaltung durchgeführt. Dabei ging es diesmal um die Grundlagen einer effektiven Versorgung mit Hilfsmitteln für unsere Betroffenen. Dazu hatten wir kompetente Vertreter des Vereins Ambulanzpartner und des Sanitätshauses Reha-aktiv 2000 aus Jena eingeladen. Herr Kufeld von Ambulanzpartner zeigte die Vorteile der Koordinierung der Leistungen im Entlassungsmanagement auf und die Herren Wedemann und Wollmann verwiesen auf die Wichtigkeit einer exakten Beantragung von Hilfsmitteln. Die vorherige Erprobung sollte immer den Ausgangspunkt für die Rezeptierung bilden. Danach konnten die Teilnehmer noch jede Menge Hilfsmittel selbst testen.
Am 26. August fand unser diesjähriges Sommerfest, diesmal zusammen mit unserer Mitgliederversammlung statt. Am frühen Nachmittag trafen wir uns im Hotel am Zoo in Gotha. Nach einer kurzen Begrüßung ging es quer über die Straße in den Zoo Park. Bei herrlichem Sonnenschein konnten wir zwei Stunden an der frischen Luft genießen und die einheimischen und teilweise auch exotischen Tiere beobachten. Danach ging es wieder ins Hotel, wo wir unsere jährliche Mitgliederversammlung durchführten. Nach dem der Vorsitzende, den Rechenschafts- und den Finanzbericht des Vorstandes verlesen hatte, entwickelte sich eine recht lebhafte Diskussion. Dabei im Mittelpunkt standen Fragen zur Verbesserung der Teilnahme an unseren Veranstaltungen und zur Gewinnung neuer Kontaktpersonen und Vorstandsmitglieder. Es wurde angeregt, einen Brief an den Mitgliedern zu erarbeiten und eine Umfrage zu den Interessen zu gestalten. Im Anschluss wurde der Vorstand einstimmig entlastet. Bei Kaffee und Kuchen gingen die Gespräche danach noch weiter.
Ein besonderer Höhepunkt unseres Vereinslebens war das ALS-Wochenende vom 22. bis 24. September 2023. Nachdem wir die Veranstaltung im Vorjahr wegen zu wenigen Anmeldungen absagen mussten, nahmen diesmal 23 ALS-Erkrankte und Angehörige teil. Die Veranstaltung begann mit einer Vorstellungsrunde, die entscheidend dazu beitrug, dass von Beginn an eine sehr offene und kollegiale Atmosphäre entstand. Der anschließende Vortrag über Leistungen zur Pflege bei einer ALS-Erkrankung wurde von den Teilnehmern gut angenommen und es entwickelte sich eine breite Diskussion dazu. Der Samstag stand ganz im Zeichen sowohl wissenschaftlicher als auch praktischer Information zu der Erkrankung ALS. Dazu waren die Ärzte Dr. med. Annekatrin Rödiger und der Assistenz- und Studienarzt Dr. med. Robert Steinbach vom Neuromuskulären Zentrum der Universitätsklinik Jena angereist. Am Vormittag standen grundsätzliche Fragen zur Diagnose und Therapie der ALS auf dem Programm. Am Nachmittag wurden von den beiden Ärzten dann die neuesten Ergebnisse aus der Forschung vorgestellt. Nach der Kaffeepause sprach die Fachärztin Dr. med. Monique Radscheidt zu den verschiedenen Formen und den Vorteilen einer künstlichen Beatmung, und die Ernährungsschwester Andrea Jacob zur Sondenernährung. In der Diskussion wurde deutlich, dass es bei den Parienten dazu sehr unterschiedliche Auffassungen gibt. Einige lehnten diese Art der Lebensverlängerung ab während andere sich sehr interessiert daran zeigten.
Am Sonntag begann der Tag nach dem Frühstück mit einer Auswertung der Veranstaltung. Erstens wurde das Treffen einheitlich als eine nützliche und gut organisierte Veranstaltung gesehen. Zweitens hoben die Teilnehmer die Möglichkeit des intensiven Austausches untereinander hervor. Es wurde angeregt, sowohl die Erholungsphasen zu verlängern als auch die Zeit für den individuellen Erfahrungsaustausch. Es wurde der Wunsch geäußert, die Veranstaltung alle zwei Jahre durchzuführen. Die Teilnehmer aus Thüringen beschlossen in einer gesonderten Beratung, eine Selbsthilfegruppe ALS für Thüringen zu bilden. Frau Sarah Lingelbach, die Tochter einer Erkrankten, hat den Vorsitz der Gruppe übernommen. Die SHG wird sich vierteljährlich treffen.
Die Thementage zur Schulung der Kontaktpersonen fand diesmal unter Leitung des Landesvorstandes Sachsen in der Christlichen Ferienstätte Reudnitz statt. Daran nahmen auch die Kontaktpersonen aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und erstmals auch Berlin teil. Der gelernte Altenpfleger und Case-Manager Herr Geißler von der AOK Plus, stellte uns die gesetzliche Pflegeversicherung im Allgemeinen und den Ablauf der Pflegebegutachtung bis hin zur Entscheidung über den Pflegegrad im Konkreten vor. Neben den Rahmenbedingungen, die die Pflegekasse bzw. der Gesetzgeber vorsieht, gab uns Herr Geißler einige seiner eigenen Erfahrungswerte für die Vorbereitung auf die Begutachtung zu Hause weiter. Viel voneinander gelernt haben wir bei einem selbstgeleiteten Workshop zum Thema „Wie können wir zielgerichtet neue Mitglieder und Mitglieder für die ehrenamtliche Tätigkeit gewinnen.“ Die Vielzahl von Ideen und Vorschlägen gilt es in den Landesverbänden zu beraten und umzusetzen, damit wir zu den gewünschten Ergebnissen gelangen. Einen sehr interessanten Beitrag leistete darüber hinaus Annette Buschmann von der Stadtmission Chemnitz. Die Sozialarbeiterin nahm uns mit in die unterschiedlichen Rollenbilder, die wir in unseren vielfältigen sozialen Gemeinschaften einnehmen. Je nach Konstitution, Hintergrund und persönliche Motivation verteilen sich unsere Rollen und Aufgaben innerhalb von Gruppenprozessen. Es kommt zudem nicht selten vor, dass einzelne Personen gleich mehrere Rollen einnehmen. Nicht jeder hat nur einen „Betroffenenhut“, sondern auch noch gleich den „Engagement-“ und „Leitungshut“ auf. Das kann über kurz oder lang zu einer Überforderung und Disharmonie im Gruppenleben führen. Daher gingen wir mit Frau Buschmann auch auf die Frage der Verantwortungsübernahme und -verteilung ein. Nicht alles muss durch eine Person bewältigt werden. Durch eine gute Kommunikation können Aufgaben und Rollen verteilt werden, was im Ergebnis zu einem langen Gruppenleben beitragen kann. Das Sanitätshaus GHD Gesundheits-GmbH Deutschland aktiv war ebenfalls aktiv an der Gestaltung des Programms beteiligt. Neben einer umfangreichen Hilfsmittelausstellung wurde der Versorgungsprozess erläutert, die Hilfsmittel konnten erprobt werden und allen Interessierten wurde eine individuelle Beratung ermöglicht.
Am 07. Dezember trafen sich über 20 Mitglieder und Gäste im Hofbräu am Don, um in Erfurt die Jahresabschlussveranstaltung durchzuführen. Der Landesvorsitzende verwies in einer kurzen Rede noch einmal auf die vielfältigen Veranstaltungen, die der Landesverband organisiert hatte. Gleichzeitig betonte er die Hoffnung des Vorstandes, dass im neuen Jahr die Aktivität der Mitglieder wieder erhöht werden kann. Danach gab es einen kurzen Ausblick 
auf das neue Jahr. Ein Höhepunkt wird dabei sicherlich das Begegnungswochenende vom 31. Mai bis zum 02 Juni 2024 im Schlosshotel in Behringen. Sehr wichtig für die weitere Entwicklung des Landesverbandes wird auch die Mitgliederversammlung am 01.06.2024, bei der ein neuer Vorstand gewählt wird. In gemütlicher Runde wurden von den Anwesenden bei Kaffee und Kuchen, Erlebnisse und Höhepunkte des letzten Jahres ausgetauscht und erste Ideen für das neue Jahr entwickelt. Im Anschluss nutzten viele Teilnehmer die Möglichkeit, noch einen Spaziergang über den Erfurter Weihnachtsmarkt zu machen.

Der Landesverband Thüringen der DGM e.V. hat trotz vielfältiger Probleme eine ganze Reihe von Veranstaltung für unsere Mitglieder und Gäste auf die Beine gestellt.
Die wichtigste Arbeit des Vereins ist aber die tägliche Information und Beratung der von einer neuromuskulären Erkrankung Betroffenen. Und diese Arbeit wird in erster Linie von den 18 Kontaktpersonen und 5 Leitern von Selbsthilfegruppen in unserem Landesverband geleistet.
Dafür gehört ihnen unser Dank.
Wir müssen aber auch feststellen, dass es immer weniger dieser aktiven Mitglieder gibt. Seit der letzten Mitgliederversammlung sind durch Tod und Krankheit einige Kontaktpersonen nicht mehr aktiv. Wenn wir uns unseren Vorstand ansehen, stellen wir fest, von den nun noch 7 Mitgliedern sind 3 Ü 70. Mit der nächsten Wahl in diesem Jahr bedarf es einer deutlichen Verjüngung. Und auch bei den Kontaktpersonen ist dies dringend geboten. Wir fordern alle Mitglieder auf, sich an der Arbeit des Vereins aktiv zu beteiligen und Verantwortung zu übernehmen. Selbsthilfe bedeutet sich und anderen zu helfen und nicht nur, sich helfen zu lassen.
Zum Schluss noch einige Worte zu den Finanzen. Wir haben auch im vergangenen Jahr sehr erfolgreich und sparsam gewirtschaftet. Teilweise wurden bei Veranstaltungen wegen geringerer Teilnehmerzahl Gelder eingespart. Teilweise fielen Veranstaltungen aus verschiedenen Gründen aus. Aber auch wenn wir die dafür geplanten Fördermittel zurückzahlen müssen, bleibt unsere finanzielle Situation sehr stabil.


Joachim Köhring
Landesvorsitzender