01.09.2020

Infos rund um die Berufsausbildung mit einer Behinderung

DGM-Newsletter 03/2020

Es gibt rein schulische Ausbildungen und duale Ausbildungen, die in Betrieben und in der Berufsschule stattfinden. Die Rechtsvorschriften sind im Berufsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung festgelegt. Die Ausbildung für anerkannte Ausbildungsberufe muss nach einer Ausbildungsordnung erfolgen. Schulische Berufsausbildungen fallen unter die Kulturhoheit der Länder.

Besondere Bedingungen in der Ausbildung

  • Die individuellen Bedingungen von Menschen mit Behinderung müssen berücksichtigen werden. Dies gilt insbesondere für die zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung, die Dauer von Prüfungszeiten, die Zulassung von Hilfsmitteln und Assistenz.
  • Azubis mit Behinderung dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die ihren körperlichen Kräften angemessen sind.
  • Wenn besondere Hilfen und eine spezifische Betreuung notwendig sind, kann die Ausbildung in beruflichen Rehabilitationseinrichtungen erfolgen (z. B. Berufsbildungswerk).
  • Schwerbehinderte Auszubildende genießen einen besonderen Kündigungsschutz.
  • Schwerbehinderte Azubis werden zugleich auf zwei, bei besonderen Voraussetzungen auf drei Pflichtplätze angerechnet. Bei Übernahme in ein Arbeitsverhältnis wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet.
  • Während der Zeit der Berufsausbildung ist eine Gleichstellung möglich, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht.

Gut zu wissen: Nachteilsausgleiche bei Prüfungen, Verlängerung der Ausbildung

Azubis mit Behinderung können während ihrer Ausbildung sogenannte Nachteilsausgleiche bekommen. Um Nachteilsausgleiche zu erhalten, benötigt man nicht zwingend einen Schwerbehindertenausweis. Allerdings werden meistens ärztliche, psychologische oder andere amtliche Stellungnahmen verlangt. Vor der Zwischen- oder Abschlussprüfung wird festgelegt, durch welche Maßnahmen die individuellen Belange berücksichtigt werden können. Grundsätzlich gilt, dass durch Nachteilsausgleiche die fachlichen und qualitativen Anforderungen nicht verringert werden dürfen.

Die Bewilligung von Nachteilsausgleichen ist immer eine Einzelfallentscheidung und muss beantragt werden. Der Antrag auf Bewilligung erfolgt bei der zuständigen Kammer (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Landwirtschaftskammer). Diese entscheidet dann, ob und welche Möglichkeiten gewährt werden. Der Antrag sollte rechtzeitig vor der Prüfung gestellt werden – spätestens jedoch mit dem Antrag auf Prüfungszulassung. Bei der Kammer kann man sich erkundigen, welche Unterlagen benötigt werden.

Es bedarf in der Regel einer Beschreibung der Behinderung, einer Beschreibung der behinderungsbedingten allgemeinen Fähigkeitsbeeinträchtigungen ( z. B. Beeinträchtigung der Motorik) und eine konkrete Bezeichnung des gewünschten Nachteilsausgleichs. Nachteilsausgleiche können z. B. benötigte technische Hilfsmittel, mündliche statt schriftliche Prüfung oder eine Verlängerung der Prüfungsdauer sein.

Eine Ausbildung kann man verlängern,

  • wenn man längere Zeit wegen Krankheit ausgefallen ist und viele Ausbildungsinhalte in der Berufsschule und im Betrieb verpasst hat oder
  • wenn man eine körperliche, geistige oder psychische Behinderung hat und mehr Zeit benötigt, um sein Ausbildungsziel zu erreichen.
  • Es ist auch grundsätzlich möglich, eine Teilzeitausbildung zu absolvieren, wenn die regelmäßige tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit nicht absolviert werden kann. Wenn also viel Zeit für z. B. Therapien benötigt wird, kann man seine Ausbildung in Teilzeit machen, dadurch verlängert sich dann die Gesamtausbildungszeit.

Finanzielle Fördermöglichkeiten

Mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes und der damit verbundenen Neustrukturierung des neunten Sozialgesetzbuches „Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ wurden neue Leistungsgruppen eingeführt, aus denen sich verschiedene Rechtsansprüche und finanzielle Hilfen im Bereich Ausbildung und Beruf ergeben.

Leistungen zur Teilhabe an Bildung

Mit den Leistungen zur Teilhabe an Bildung (§ 112 SGB IX) werden schulische und hochschulische Ausbildungen sowie berufliche Weiterbildungen gefördert. Dazu muss die Weiterbildung in einem zeitlichen Zusammenhang an eine duale, schulische oder hochschulische Berufsausbildung anschließen, in dieselbe fachliche Richtung führen und ermöglichen, das angestrebte Berufsziel zu erreichen.

Budget für Ausbildung

Das Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) ermöglicht es, eine reguläre Ausbildung zu absolvieren. Es zielt auf die Erstausbildung am Übergang von der Schule in den Beruf ab. Das Budget für Ausbildung erhalten diejenigen, die einen Anspruch auf „Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich“, also Anspruch auf einen Werkstattplatz haben und die einen Ausbildungsplatz in einem anerkannten Ausbildungsberuf gefunden haben. Das Budget für Ausbildung erstattet die Ausbildungsvergütung bis zur Höhe des Tarifrechts. Liegt kein Tarifabschluss vor, erfolgt eine für die Ausbildung angemessene Vergütung. Neben der Ausbildungsvergütung werden die Kosten für Anleitung und Begleitung am Ausbildungsplatz übernommen. Dies gilt sowohl für die Ausbildungsstätte als auch für die Berufsschule. Das Budget für Ausbildung wird bis zum erfolgreichen Abschluss der geförderten Ausbildung gewährt. Bei vorzeitiger Beendigung einer Ausbildung ist auch eine Rückkehr in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung möglich. Der zuständige Kostenträger für das Budget für Ausbildung ist in der Regel die Bundesagentur für Arbeit.

Budget für Arbeit

Das Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX) richtet sich an Menschen mit Behinderungen, die einen Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten möchten. Es umfasst eine finanzielle Förderung des Arbeitgebers und die erforderliche Anleitung und Unterstützung des Arbeitnehmers. Die Stellungnahme zur Ermittlung des individuellen Lohnkostenzuschusses wird vom Träger der Eingliederungshilfe oder vom örtlich zuständigen Integrationsfachdienst in Auftrag gegeben.