24.05.2023

Gaming ohne Grenzen

Gaming ohne Grenzen ist ein Projekt innerhalb der Fachstelle für Jugend und Medienkultur in Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Köln. Das Team besteht aus Medienpädagogen und freien Mitarbeitern sowie Botschaftern mit körperlichen Behinderungen. Das Projekt beschäftigt sich mit Videospielen.

Julius Ricken
Gaming ohne Grenzen

Wir haben mit Projektmitarbeiter Julius Ricken und der Botschafterin Melanie Eilert ein Interview geführt. Hier das Interview mit Julius Ricken:

Womit beschäftigt sich das Projekt „Gaming ohne Grenzen“?

Wir wollen Räume schaffen für Jugendliche mit und ohne Behinderung, in denen gemeinsam gezockt werden kann. Außerdem werden Spiele auf ihre Barrieren beziehungsweise Barrierefreiheit getestet. Dafür beurteilen wir die Spiele in den Bereichen Steuern, Sehen, Hören und Verstehen. Man kann auch gerne mit uns persönlich Kontakt aufnehmen, wenn man konkrete Fragen hat, zum Beispiel zu technischen Anpassungen bei körperlicher Einschränkung.

Was braucht es für Equipment?

Das Thema Hardware und assistive Technologien ist besonders für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen interessant. Ein Beispiel ist der Xbox adaptive Controller, das ist ein Controller für die Xbox Konsole und für den Computer. Dieser hat ganz viele Anschlüsse und man kann alles was man so kennt, Taster, Schalter, Hebel anstecken und damit das Spiel bedienen. Man steckt zum Beispiel einen Button bei der X Taste rein und drückt auf den Button, um die Taste zu bedienen. Dieser Controller ist mit vielen Sachen kompatibel und man muss nicht extra alles neu kaufen.

Welche Vorteile sehen Sie beim Gaming für Menschen mit Behinderung oder auch welche Nachteile?

Bei unseren Gruppen gab es anfänglich Jugendliche, die sich nicht getraut haben, mit zu zocken. Wenn sie dann aber begonnen haben, hat es ihnen viel Spaß gemacht und das Selbstbewusstsein gestärkt. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass man mit ein bisschen Übung schnell besser wird. Das Schöne am Gaming ist, dass es ein sehr vielfältiges Hobby sein kann. Es gibt sehr viele Spielegenres: Actionspiele, Rätsel, langsam und schnell, Fantasy, Science-Fiction… es ist für jeden etwas dabei. Ich kann ganz nach meinen eigenen Interessen und Fähigkeiten ein Spiel aussuchen.

Außerdem gibt es beim Gaming auch einen sozialen Aspekt. Man kommt darüber mit anderen ins Gespräch, lernt andere Leute kennen oder bleibt online mit Menschen in Verbindung. Gerade wenn man ohne Hilfe nicht so gut rauskommt, kann es eine Möglichkeit sein, mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen und zu bleiben.

Bei der Online Komponente kommen auch Risiken dazu, gerade wenn ich fremde Menschen kennen lerne. Da sollte man darauf aufpassen, dass Kinder und Jugendliche in ihrer Medienkompetenz soweit geschult sind, dass sie wissen, auf was sie achten sollten. Also was gebe ich von mir preis, was lieber nicht, wo liegen die Gefahren.

Können Sie etwas zum Thema „Suchtpotential“ bei Videospielen sagen?

Die Weltgesundheitsorganisation hat in der elften Version ihres Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen Computerspielsucht als offizielles Krankheitsbild in ihren Katalog aufgenommen. Darüber sollten Jugendliche aufgeklärt werden.

Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) ist für die Altersfreigabe der Spiele verantwortlich. Seit Januar 2023 finden Eltern bei neu eingestuften Spielen auch Hinweise zu vorhandenen Funktionen im Spiel, wie in etwa zu Kauf- oder Kommunikationsmöglichkeiten. Dies schafft Transparenz und unterstützt Eltern noch besser dabei, eine informierte Entscheidung bei der Spielauswahl zu treffen und Spieleinstellungen auf den Geräten entsprechend anpassen zu können.

Welche Barrieren gibt es beim Gaming?

Da wir die Spiele mit Hilfe der vier Kategorien Steuern, Sehen, Hören und Verstehen bewerten, haben wir immer wieder Barrieren entdeckt. Im Bereich des Steuerns gibt es Barrieren, die mit Hilfe von Hardware und kleinen Hilfsmitteln zum Teil überwunden werden können. Klassische Beispiele für solche Barrieren in Spielen ist das sogenannte Button-Mashing, bei dem man eine Taste ganz schnell hintereinander drücken muss. Eine weitere Hürde ist das lange Drücken einer Taste am Stück, damit zum Beispiel das Auto Gas gibt. Außerdem gibt es die Quick Time Events, dabei muss man in einer gewissen Zeit eine Taste drücken, damit eine besondere Aktion geschieht. Was ein Spiel anbieten sollte ist, dass all diese Dinge die gerade benannt wurden, ausschaltbar oder gar nicht vorhanden sind. Eine weitere hilfreiche Option ist, wenn man die Tastenbelegung umstellen kann, das sogenannte Button Remapping. Dann kann man ganz individuell entscheiden, welche Taste welche Funktion hat.

Was möchten Sie den Lesern noch mitteilen?

Spielen kann ein ganz schönes und bereicherndes Hobby sein. Auch wenn man denkt, dass Spielen aufgrund einer Erkrankung gar nicht geht, gibt es doch oft Möglichkeiten, wie Kinder und Jugendliche zum Zocken kommen können. Ich hoffe, dass sich in der Industrie noch ein bisschen was tut, weil es momentan noch recht teuer ist, bis man sich ein Set zum Zocken zusammengestellt hat.

Eine Übersicht über die Spiele, die wir getestet haben, findet sich hier: www.gaming-ohne-grenzen.de/spiele.