07.02.2024

Internationales ALS-Treffen in Basel

Die Alliance of ALS/ MND Association lud im Dezember 2023 zum jährlichen Treffen ein. 1992 wurde die International Alliance of ALS/MND Associations gegründet, um eine Gemeinschaft für einzelne ALS/MND-Vereinigungen auf der ganzen Welt zu schaffen. Ihre Vision ist eine Welt ohne ALS/MND. Es werden Informationen erstellt und die Allianz dient als globales Tor, über das ihre Mitglieder miteinander in Verbindung treten können. Neben vielen spannenden Vorträgen bot auch die Tagung in Basel die Möglichkeit, Erfahrungen mit anderen Organisationen auszutauschen.

Es trafen sich 110 Vertreter der Mitgliedsorganisationen der Alliance of ALS/MND sowie medizinisch-therapeutisches Fachpersonal (203 Teilnehmende) aus 35 Ländern. Die DGM wurde durch Tatjana Reitzig (Vorsitzende der ALS-Gruppe), Antje Faatz und Sonja Hartwein von der Bundesgeschäftsstelle vertreten.

Der Vorstand der Allianz wird von einem Gremium aus ALS-Patienten und Pflegepersonen unterstützt. Sie setzen sich für die Meinungen und Ideen von ALS/MND-Betroffenen und deren Betreuern aus aller Welt ein und helfen dem Vorstand dabei, diese zu berücksichtigen und in ihre Arbeit einzubeziehen.

Kampagne "March of Faces"

Eröffnet wurde die Konferenz mit der Jahreshauptversammlung. Hier wurden die Ergebnisse der Vorstandswahlen mitgeteilt und ein Einblick in die Arbeit des vergangenen Jahres gegeben. Im Anschluss wurde das Video der internationalen Kampagne „ALS March of Faces“ vorgestellt. Portraits von Menschen, die mit ALS leben „geben der Erkrankung ein Gesicht“ und verdeutlichen die Dringlichkeit der Suche nach einer Heilung. Für die DGM und Deutschland war Wiebke Braach dabei. Das Video ist zu finden auf der Webseite der Alliance: www.als-mnd.org/events-programs/march-of-faces.

Im Rahmen der Tagung wurden die Umfrageergebnisse zu den Grundrechten von Menschen mit ALS und ihrer Pflegepersonen vorgestellt. Auch die DGM hatte zur Teilnahme an dieser Studie aufgerufen. In diesem Jahr beteiligten sich doppelt so viele Personen, wie noch im Vorjahr. Von insgesamt 1927 aus 54 Ländern Teilnehmenden waren 47 Prozent von ALS betroffen und 53 Prozent Pflegepersonen. Das Ziel der Umfrage ist es, Stärken und Schwächen auf globaler Ebene zu erfassen.

Ein weiteres Thema der Tagung, welches in unterschiedlichen Kontexten auftauchte, war die künstliche Intelligenz (KI). Zum einen spielt diese in der Forschung eine zunehmend größere Rolle und zusätzlich bietet sie für Menschen mit ALS eine Möglichkeit, sich künstlerisch zu äußern. Es gibt beispielsweise eine Webseite bei der man sich durch KI generiete Kunst ausdrücken kann (https://minds-eye.app/home/). Es wurden die Vor- und Nachteile von KI aufgezeigt und diskutiert. So bietet sie eine Erleichterung bei der Analyse von genetischen Daten zur Ermittlung von Risikofaktoren, Subtypen und Biomarker für ALS. Sie kann die Lebensqualität und Kommunikation von Menschen mit ALS verbessern und bei der Entwicklung von Medikamenten und Therapien eingesetzt werden. Herausforderungen im Umgang mit KI sind allerdings die Themen Datenschutz und Sicherheit, falsche Darstellung von Daten und ethische Fragestellungen

Auf www.globalneuroycare.org findet man ein auch auf Deutsch erhältliches Comicbuch, welches Kindern und Jugendlichen helfen soll über das Thema ALS zu sprechen. Der Gedanke dahinter ist, dass ALS alle Personen in einer Familie betreffen, auch die Kinder. Da es nicht genügend Informationen gibt, die Kindern helfen zu verstehen, was ALS ist, wurde dieser Comic entwickelt. Im Frühjahr wird ein Zeichentrickfilm erscheinen, wir durften den sehr bewegenden Film bereits vorab in Basel anschauen.

Viele Vorträge handelten von der Versorgung von ALS Betroffenen. Die verschiedenen Referierenden zeigten auf, welche Möglichkeiten es in ihren Ländern gibt, um das Leben von ALS Betroffenen möglichst gut und würdevoll zu gestalten. So gab es beispielsweise einen Vortrag zum Thema Ernährung. Eine Forschungsarbeit in diesem Bereich hat ergeben, dass Menschen mit einer ALS mehr Nahrung zu sich nehmen, wenn sie nicht einfach püriertes Essen angeboten bekommen, sondern wenn sie erkennen, was gegessen wird und das Essen schön hergerichtet ist. Ein Koch referierte zu diesem Thema und zeigte uns, wie man püriertes Essen mit Hilfe eines geschmackneutralen Bindungsmittels in die ursprüngliche Form zurückbringt. Dieselbe Idee wird im Kochbuch „smoothfood“ (Lambertusverlag) verfolgt. Bei der Tagung hatten wir die Möglichkeit, püriertes Essen zu probieren. Ich muss zugeben, es war anfangs etwas befremdlich, wenn man sich ein Stückchen Ananas nimmt und nicht zu kauen braucht. Aber geschmeckt hat es mir sehr gut!

Am vierten Tag waren wir eingeladen, gemeinsam auf die vergangenen Tage zurückblicken und zusammentragen, welche Themen uns am meisten zum Nachdenken angeregt haben. Eines der Themen, die mich ganz persönlich bewegt haben, war die KI als Hilfe zum künstlerischen Ausdruck. Zwei ALS Betroffene berichteten, dass sie vor ihrer Erkrankung gerne gezeichnet haben und dadurch die Möglichkeit gefunden haben ihrem Hobby weiter nachzugehen.

 

Plakat ALS-Film

Am anschließenden wissenschaftlichen Kongress, dem International Symposium of ALS/MND haben wir nicht teilgenommen. Dort waren deutschen ALS-Experten aus Grundlagenforschung und klinischer Forschung des NMD-NET Deutschland vertreten. Ihre Erkenntnisse und die Ergebnisse der internationalen Zusammenarbeit werden in der Forschung und Behandlung an den ALS-Ambulanzen und den Neuromuskulären Zentren der DGM jederzeit umgesetzt und weiterentwickelt.

Sonja Hartwein
DGM-Sozialberatung