30.04.2022

4. ALS-Informationstag in Bonn | Behandlung, Versorgung, Forschung

Bereits zum vierten Mal hatten das Deutsche Zentrum für Neurogenerative Erkrankungen (DZNE) und das Universitätsklinikum Bonn (UKB) zum jährlichen ALS-Informationstag am 30. April 2022 nach Bonn eingeladen.

Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine bislang nicht heilbare neurodegenerative Erkrankung, welche hierzulande etwas 8.000 Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen betrifft. Die Krankheit führt zu einer fortschreitenden Nervenlähmung mit Beeinträchtigungen bei Mobilität, Kommunikation, Ernährung und Atmung.

Die öffentliche Veranstaltung auf dem Bonner Venusberg unter der bewährten Leitung und Moderation von PD Dr. Patrick Weydt (Leiter der Motoneuronambulanz am UKB) war geprägt durch einen Dreiklang von informativen Vorträgen aus Forschung & Wissenschaft, von Erfahrungsberichten aus ALS-Ambulanzen sowie von wertvollen Hinweisen zu verschiedenen therapeutischen Versorgungsanwendungen.

Nach den eröffnenden Worten durch Herrn Dr. Weydt gab Prof. Dr. Thomas Meyer (Charité Universitätsmedizin in Berlin) ein Update zu den Themen ALS-Studien, Biomarker NF-L (Neurofilament-L), genetische Prägung und ALS-App. Danach referierte Prof. Dr. Johannes Prudlo (Universitätsmedizin Rostock) zur Wesensänderung und Kognition bei ALS. Im Anschluss informierte Prof. Dr. Julian Großkreutz (Universität zu Lübeck) zur Spinalen Muskelatrophie (SMA), gefolgt von Prof. Dr. Susanne Petri (Medizinische Hochschule Hannover) mit einem Bericht über Elektrophysiologie bei ALS. Zum Abschluss des Vormittags präsentierte Dr. Torsten Grehl (Leiter der ALS-Ambulanz am Alfried Krupp Krankenhaus in Essen) die neuen DGN-Leitlinien für Motoneuronerkrankungen.

Als ein Höhepunkt der Veranstaltung überreichte Bruno Schmidt, ALS-Patient und Gründer des Selbsthilfevereins „ALS – Alle Lieben Schmidt“, eine Spende des Vereins in Höhe von 80.000 Euro für die ALS-Forschung: 50.000 Euro gehen an das UKB und 30.000 Euro an das DZNE. Neben seiner Familie wurde Bruno Schmidt begleitet von Sabine Heinrich, der Radio- und TV-Journalistin des WDR und Moderatorin des Podcast „Hirn & Heinrich“ des DZNE.

Nach der Mittagspause standen die Versorgungangebote im Mittelpunkt. Zunächst referierte Dr. Franziska Röseberg (Helios Klinikum Bonn/Rhein-Sieg) zur psychologischen Beratung bei ALS inkl. Psychotherapie und Palliativpsychologie. Im Anschluss erläuterte PD Dr. Pawel Tacik (Universitätsklinikum Bonn) die Behandlung mit Botulinumtoxin gegen Sialorrhoe, also dem vermehrten Speichelfluss als typische Begleiterscheinung bei ALS. Frau Okka Kimmich (DZNE Bonn) verwies daraufhin auf die Wichtigkeit von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht; eingebettet in eine frühe und umfangreiche gesundheitliche Vorsorgeplanung („Advance Care Planning“). Danach informierten Frau Hannah Moser & Frau Juliane von der Heyde (Logopädinnen am UKB) über Diagnostik und Therapie bei Sprach- und Schluckstörungen (Dysarthrie und Dysphagie), welche ebenfalls im Zusammenhang mit ALS auftreten. Abschließend berichtete Dr. Sarah Bernsen (ALS-Ambulanz UKB) zur seltenen, aber behandelbaren ALS-Mimic aTTR (Transthyretin-Amyloidose).

Der ALS-Informationstag wurde abgerundet durch eine Hilfsmittelausstellung verschiedener Anbieter im Foyer, die auf großes Interesse der Anwesenden stieß.

Ebenso war in bester Tradition der NRW-Landesverband der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM) durch einen Informationsstand präsent, an dem unsere Landesvorsitzende Petra Hatzinger, unterstützt durch Ulrich Schönherr, in persönlichen Gesprächen und mit Informationsmaterialien die eine oder andere Frage beantwortete sowie Kontakte im Netzwerk der von ALS Betroffenen herstellen konnte.

Schließlich gilt bei ALS: Niemand sollte sich trotz der schwierigen Umstände und Begleiterscheinungen allein gelassen fühlen, denn neben der ärztlichen Unterstützung in den ALS-Ambulanzen an den Universitätskliniken sowie den verschiedenen therapeutischen und psychologischen Versorgungsmöglichkeiten vor Ort sind insbesondere die ALS-Selbsthilfegruppen der DGM eine wertvolle Stütze zum gegenseitigen Austausch und Netzwerken für Patientinnen und Patienten und deren Familien.

Fazit des 4. ALS-Informationstages in Bonn: Alle Anwesenden fanden es bereichernd, sich nach bzw. trotz den coronabedingten Einschränkungen wieder einmal persönlich zu begegnen und ihre Erfahrungen weiterzugeben sowie neue Kontakte zu knüpfen und wichtige Informationen mitzunehmen. Gleichzeitig wurde die Veranstaltung im Livestream auf YouTube übertragen, so dass auch weitere Interessierte teilnehmen konnten. Wer erstmals oder nochmal reinschauen möchte, hier der Link zur knapp sechsstündigen Aufzeichnung: https://www.youtube.com/watch?v=0m6dzaaPiQw

Weitergehende Informationen zur ALS finden sich über die Homepage der DGM bzw. den ALS-Gesprächskreis NRW, der sich derzeit regelmäßig online trifft. Bei Interesse daran teilzunehmen wenden Sie sich bitte an Petra Hatzinger, petra.hatzinger@dgm.org

Holger Burghoff