Gesunde Ernährung hilft Kochbuchautorin Zohre Shahi bei ihrer CMT-Erkrankung

Autor: Stefan Mertlik
Starkoch Alfons Schuhbeck bezeichnete Zohre Shahi als Gewürzpäpstin. Und diesem Spitznamen wird sie gerecht: Erfolgreich hat die Wiesbadenerin Kochbücher über die persische Küche veröffentlicht – und da sind Gewürze das A und O, wie sie sagt. Bis Ende April soll ihr drittes Buch erscheinen, dessen Erlös komplett in die Forschungsförderung der DGM fließen wird. Dem Muskelreport hat die 62-Jährige nun verraten, wie ihr gesunde Ernährung beim Umgang mit ihrer CMT-Erkrankung hilft und weshalb sie trotzdem heimlich Fast-Food-Restaurants besucht.
Frau Shahi, in der ZDF-Show „Die Küchenschlacht“ hat Sie Alfons Schuhbeck als Gewürzpäpstin bezeichnet. Was denken Sie über diesen Titel?
Bei der Küchenschlacht habe ich ein Nationalgericht aus der iranischen Provinz Qazwin gekocht, für das mindestens zehn Gewürze genutzt werden. Reis wird mit Lammragout garniert. Hinzu kommen unter anderem Safran, Pistazie, Orangenschalen und geröstete Mandeln. Alfons Schuhbeck war begeistert von dieser Kombination. Und ich war begeistert, weil ich es in nur 36 Minuten hingekriegt habe (lacht). Schuhbeck meinte zu mir, dass er in all den Jahren noch nicht erlebt hätte, dass jemand so toll mit Gewürzen umgehen könne. Das hat mich natürlich sehr stolz gemacht.

Woher haben Sie dieses Gefühl für das richtige Würzen?
Meine Oma mütterlicherseits kommt aus der Stadt Kerman im Süden des Irans. Dort wird sehr viel mit Gewürzen gekocht. Nach meiner Hochzeit habe ich zwei Jahre mit meiner Oma in einem Haus gewohnt und sie hat mir sehr viel gezeigt. Seit die CMT-Erkrankung in meiner Familie bekannt ist, hat meine Oma immer versucht, dass es uns durch die Ernährung besser geht. Und Gewürze können viel im Körper bewegen.
Inwiefern?
Die Natur ist eine Apotheke, aus der natürliche Medizin bezogen werden kann. In meinen Kochkursen erzähle ich, was jedes einzelne Gewürz bewirken kann. Wenn ich Gliederschmerzen habe, kombiniere ich zum Beispiel Kurkuma und Pfeffer. Nach wenigen Stunden geht es mir besser. Mein Opa, der die CMT-Erkrankung an mich vererbt hat, konnte sich bis zu seinem 90. Lebensjahr eigenständig bewegen. Dazu hat sicherlich das Essen meiner Oma beigetragen.
Nun gibt es viele Menschen, die keine Oma haben, die ihr Wissen über Gewürze weitergeben können. Welchen Tipp geben Sie Gewürz-Anfängern?
Ich bin eine leidenschaftliche Köchin, könnte 24 Stunden in der Küche stehen und ausprobieren. Es gibt aber auch einfache Rezepte, die in meinen Kochkursen immer wieder für Überraschungen sorgen. Zum Beispiel dieses Sommergericht: Es besteht aus Reis, Kartoffeln, Karotten und natürlich einigen Gewürzen. Serviert wird mit kernlosen Trauben. Mit solchen Gerichten kann man sich herantasten.
Das klingt, als ob bei Ihnen immer leckeres und gesundes Essen auf dem Tisch steht. Gibt es auch Tage, an denen es schnell gehen muss und die Tiefkühlpizza im Ofen landet?
Nein, sowas kommt bei mir nicht in den Ofen. Jeder hat Tage, an denen er keine Lust aufs Kochen hat, aber es gibt so viele einfache Gerichte, die schnell gehen. Dann mache ich mir zum Beispiel ein Spiegelei. Olivenöl in eine Pfanne, eine Prise Kurkuma dazu und Sesam darin rösten. Die Eier werden dazu geschlagen. Am Ende kommen Salz, Pfeffer und eine Prise Zimt hinzu. Fertig. Gesund und günstig. Dieses Gericht habe ich das erste Mal in der iranischen Wüste gegessen und ich war so begeistert.
Und unterwegs gibt es auch keine Stopps in Fast-Food-Restaurants?
Okay, einmal im Jahr gehe ich heimlich zu McDonald’s und esse Pommes. Wir sind alle nur Menschen, ab und zu braucht man etwas Ungesundes (lacht). Wir müssen aber daran denken, dass wir verantwortlich sind für unsere Gesundheit.
Zur Big-Mac-Esserin werden Sie aber wahrscheinlich nicht mehr. Im Gegenteil, Sie setzen sich in Ihren Büchern für die vegetarische Küche ein. Woher kommt das?
Im Iran gibt es allein rund um das Kaspische Meer mehr als 1000 vegetarische und vegane Rezepte. Das A und O sind dabei die Gewürze, mit ihnen kann man jedes Essen so richtig geschmackvoll machen. Meine beiden Töchter haben in ihrer Jugend oft Freunde mit nach Hause gebracht. Bei uns saßen manchmal zehn Leute mit zehn verschiedenen Geschmäckern am Tisch. Für mich ist das eine Bereicherung, mich motiviert das. Essen bringt die Menschen zusammen.
Mittlerweile sind Sie eine erfolgreiche Kochbuch-Autorin. Wie haben Sie das geschafft?
Für mein erstes Kochbuch bin ich 2016 auf der Frankfurter Buchmesse mit kulinarischen Kostproben im Koffer von Verlag zu Verlag gelaufen. Damals war die persische Küche noch so unbekannt, dass alle Nein gesagt haben. Am Ende ist der Shaker Verlag eingestiegen, ich musste aber die Fotos von den Gerichten selber schießen. Um Werbung für das Buch zu machen, habe ich mich bei der ZDF-Show „Die Küchenschlacht“ beworben. Im Nu stand ich in Hamburg vor der Kamera und dachte mir nur: Zohre, was hast du dir da angetan?
War es so schlimm?
Beim Kochen war ich sicher, aber bei den Interviews nervös. Die deutsche Sprache hat so viele Artikel, das hat mich verrückt gemacht (lacht). Am dritten Tag habe ich vor Aufregung die falsche Kochplatte aufgedreht und das Essen verbrannt. Die Gerichte, die ich davor gekocht hatte, holten aber immer den Tagessieg.
Und nach dieser TV-Erfahrung erschien Ihr zweites Buch „Meine persische Familienküche“ beim bekannten GU Verlag.
Genau. Der damalige Freund meiner Tochter lud uns zum Essen ein, wahrscheinlich um uns zu beeindrucken (lacht). Ich sagte zu ihm: Du bist Palästinenser, ich bin Iranerin, du bekochst uns israelisch und alles passiert in Deutschland. Wenn das kein Thema für den GU Verlag ist, weiß ich auch nicht mehr weiter. Bis heute hat sich das Buch mehrere tausend Mal verkauft.
Sie schreiben Kochbücher, geben Kurse, treten im TV auf. Haben Sie jemals mit dem Gedanken gespielt, ein eigenes Restaurant zu eröffnen?
Nie im Leben. Am Anfang ist in jedem Restaurant alles perfekt, mit der Zeit lässt die Qualität aber nach. Ich weiß auch nicht warum. Mein Ziel ist es, dass jeder oder jede bei sich zuhause persisch kochen kann.
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