DGM-Mitglied Jana Spegel hat an den Paralympics in Paris teilgenommen

Autor: Stefan Mertlik
Tischtennis zählt zu Jana Spegels Leidenschaften. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die 21-Jährige bis an die Weltspitze dieses Sports gespielt – inklusive einer Teilnahme an den Paralympics in Paris. Wie hat die Stuttgarterin mit neuromuskulärer Erkrankung das geschafft?
Jana Spegel verzieht die Mundwinkel. Den Tischtennisball, den sie eigentlich auf die Seite ihrer Gegnerin schlagen wollte, landet im Netz. Der Traum vom Paralympics-Gold platzt im Viertelfinale gegen Su Yeon Seo. Zweimal hatte sie zuvor schon gegen die Südkoreanerin gespielt. „Dadurch wusste ich, was auf mich zukommt“, sagt Spegel. Dennoch sei es frustrierend gewesen. „Meine Gegnerin hat sehr gut gespielt, ich kam mit nichts durch."
Ärgern muss sie sich keinesfalls. Immer wieder wird Spegel als Ausnahmetalent bezeichnet, eine goldene Zukunft im Para Tischtennis wird ihr zugesprochen. „Ob ich ein Ausnahmetalent bin, kann ich für mich selber nicht beurteilen“, sagt Spegel. Viele Faktoren seien für Erfolg und Misserfolg verantwortlich: ein unterstützendes Umfeld, etwas Glück und natürlich gute Trainingsbedingungen.
„Wenn man an der Weltspitze mitspielen will, ist der Trainingsaufwand hoch“, sagt Spegel. Zwei Sporteinheiten hätte sie jeden Tag vor den Paralympics bestritten. Aber auch wenn keine Turniere anstehen, geht sie die meisten Tage der Woche in die Halle. Der Großteil ihres Trainings besteht aus dem Spiel an der Platte. Physiotherapie und das Analysieren von Gegnerinnen stehen vor Wettkämpfen ebenfalls auf dem Trainingsplan. Dieser Einsatz brachte ihr schnell Erfolge: zweiter Platz bei der EM, dritter Platz bei der WM.
Angefangen hatte Spegel im Parasport mit Rollstuhl-Basketball. Wegen einer fortschreitenden neuromuskulären Erkrankung musste sie diese Disziplin jedoch aufgeben. „Ich hatte einfach zu wenig Kraft“, erinnert sie sich. Das sei schade gewesen, da ihr der Sport viel Freude bereitet hätte. Es sich bequem zu machen, so Spegel, sei aber nicht ihre Art. „Für Menschen mit Muskelerkrankungen gibt es im Sport viele Möglichkeiten.“ Und so folgte 2019 ein inklusiver Trainingstag von Landestrainer Momcilo Bojic. Mittlerweile spielt sie im Verein TT Frickenhausen. „An Tischtennis fasziniert mich, dass es eine so schnelle und taktische Sportart ist.“
Para Tischtennis ist seit 1960 Teil der Paralympics und damit eine der ältesten Sportarten der Veranstaltung. Durch ein Klassifizierungs- und Wettkampfklassensystem können Athletinnen und Athleten mit unterschiedlichen Behinderungen gegeneinander antreten. „Die Sportart zählt zu den inklusivsten Sportarten überhaupt“, schreibt der Deutsche Behindertensportverband. Es würde sogar eine Startklasse für Menschen mit geistiger Behinderung geben. Manche Athletinnen und Athleten würden eine Prothese verwenden, um den Schläger zu halten, andere den Mund dafür nutzen.

Spegel trägt während ihrer Partien neben einem Verband, mit dem sie den Schläger an der Hand befestigt, einen Armschutz. Dieser soll den Ellbogen bei Zusammenstößen mit der Plattenkante schützen. Die Verletzungsgefahr beim Para Tischtennis sei zwar gering, doch „blaue Flecken muss man nicht haben“, so Spegel.
Tischtennis sei ihre Leidenschaft. Doch obwohl sie Leistungssport betreibt, bezeichnet sie diesen noch als Hobby. Die 21-Jährige schloss ihr Abitur mit 1,0 an einem beruflichen Gymnasium ab, studiert mittlerweile Medizintechnik an den Universitäten in Stuttgart und Tübingen. Das mache ihr Spaß, doch etwas ärgere sie: „Null von elf Räumen sind in diesem Semester barrierefrei.“ Um an den Kursen teilnehmen zu können, müsse sie sehr viel Energie in Organisatorisches stecken. Neben dem Training bleibt dann nur noch wenig Zeit für anderes.
Bei den Paralympics habe sie die freien Stunden zwischen ihren Spielen auf den Zuschauerbänken verbracht, um ihre Teammitglieder anzufeuern. Und sie hat Paris erkundet. „Ich war auf dem Eiffelturm“, sagt sie.
Der Medienrummel, den die Paralympics mit sich brachten, sei für sie ungewohnt gewesen. Doch: „Ich habe die Aufmerksamkeit sehr genossen.“ Einen höheren Erfolgsdruck hätte sie durch die Berichterstattung nicht gespürt. Aufgeregt sei sie vor ihren Spielen immer, verrät Spegel, vor allem, wenn so viele Menschen zuschauen wie in Paris. Doch sie weiß damit umzugehen: „Es hilft, wenn man auf sich selbst vertraut.“
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