Tätigkeitsbericht des Landesvorstandes Thüringen der DGM für die Jahre 2020 und 2021
Die Corona-Pandemie hat auch unsere Arbeit in den vergangenen 20 Monaten nachhaltig beeinflusst.
Als Selbsthilfeorganisation leben wir in erster Linie vom Austausch der Mitglieder untereinander. Persönliche Begegnungen, Gespräche über die eigenen Erfahrungen, Informationen über mögliche Hilfen bei der Bewältigung der krankheitsbedingten Probleme, oder auch nur der Austausch von Urlaubs-oder anderen Erlebnissen. All das konnte auf Grund der notwendigen Beschränkungen nicht stattfinden.
Zahlreiche, zum Teil mit großem Aufwand geplante und vorbereitete Veranstaltungen mussten wir leider absagen. Das begann im Frühjahr 2020, als wir bis zuletzt hofften unsere Landesverbandsaktivtagung in Behringen durchführen zu können. Dort wollten wir die Weichen für die weitere Arbeit unseres Landesverbandes abstimmen. Corona hat dies verhindert.
Im Juli sollte das Sommerfest für unsere Mitglieder ein besonderer Höhepunkt werden. Geplant war eine feierliche Mitgliederversammlung im Kurhaus in Bad Salzungen mit Kaffee und Kuchen, einem anschießenden Spaziergang am See durch den Kurpark und ein Abendessen zum Abschluß. Auch das hat Corona verhindert.
Der gemeinsam mit den LV Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Diagnosegruppe vorbereitete Gliedergürteltag im Erzgebirge musste auf 2021 verschoben werden und fand in diesem Jahr auch nur als Zoom-Veranstaltung statt.
Die gemeinsam geplanten Thementage für die Schulung der Kontaktpersonen die 2020 in Halle durchgeführt werden sollten fielen der Pandemie genauso zum Opfer wie unser für Dezember geplanter Jahresabschluß in Weimar.
Besonders bedauerlich war die Absage der mit riesigem Aufwand geplante und vorbereitete inklusive Jugendfreizeit, die 2020 zum ersten mal als Gemeinschaftsaktion der drei Mitteldeutschen Landesverbände und der Jugendgrupp durgeführt werden sollte. Die Teilnehmer hatten bis zuletzt gehofft, dass Corona eine Einsicht hat. Aber vergeblich. Jetzt beabsichtigen wir die Jugendfreizeit 2023 durchführen zu können.
Und auch das Jahr 2021 hat mit Absagen begonnen. Auch in diesem Jahr war es nicht möglich, im Mai die geplante Landesverbandsaktivtagung durchzuführen.
Dies bedeutet aber nun nicht, dass der Landesvorstand in einen Corona-Schlaf gefallen ist und keinerlei Aktivitäten entwickelt hat. Im Gegenteil:
Die Corona-Pandemie hat bei vielen unserer Mitglieder Fragen aufgeworfen und oft zu Verunsicherungen geführt.
Ich denke dabei zum Beispiel über die Diskussionen zur Triage, oder zum Schutz besonders gefährdeter Gruppen, oder an die Priorisierung der Impfreihenfolge. Viele Mitglieder haben sich an uns gewendet, um ihre berechtigten Interessen durchzusetzen. In enger Zusammenarbeit mit unserer Geschäftsstelle in Freiburg aber auch mit den Thüringer Dachverbänden wie dem GBA, der Achse und vor allem mit dem Paritätischen Gesamtverband und der Liga der Selbstvertretung Thüringen haben wir klar aufgezeigt, dass Menschen mit einer neuromuskulären Erkrankung die besondere Fürsorge des Staates und der gesamten Gesellschaft brauchen und ein Anrecht darauf haben.
In Stellungnahmen an das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie haben wir unsere Forderungen laut und deutlich formuliert.
Auf der Internetseite der DGM wurden vielfältige Informationen und Stellungnahmen zu den Themen rund um Corona veröffentlicht. Wie die Abrufe zeigen, war das Interesse daran sehr groß.
Aber nicht nur Corona hat unsere Arbeit der letzten Monate bestimmt.
Der Vorstand hat in dieser Zeit auch neue Ideen und Formen der Vereinsarbeit entwickelt.
Dazu haben wir seit Beginn des Jahres 2020 insgesamt 7 Vorstandssitzungen online durchgeführt. Sie dienten immer auch der Abschätzung der realen Lage und der daraus resultierenden Möglichkeiten in unserer Arbeit.
So entstand auch die Idee, die Patientenakademie, die wir ja traditionell mit dem Thüringen Muskelzentrum der Uni Jena vor Ort durchgeführt haben, als Zoom-Veranstaltung durchzuführen.
Im November 2020 konnten wir Frau Professor Doktor Simone Spuler, Leiterin der Hochschulambuanz für Muskelkrankheiten an der Charite Berlin als Hauptreferent der ersten Online-Patientenakademie gewinnen.
In einer interessanten Veranstaltung sprach sie zu den neuen Chancen bei der Behandlung von neuromuskulären Erkrankungen durch den Einsatz der Gentherapie. Dabei berichtete sie auch von den ersten Ergebnissen ihrer Forschung mit den Stammzellen. Diese machen Mut, dass es zukünftig möglich sein wird, bereits verlorene Muskeln wieder aufzubauen. Dies ist zwar noch Zukunftsmusik, aber durchaus ein positiver Ansatzpunkt.
Eine für Februar oder März 2021 geplante Patientenakademie zum Impfen musste leider ausfallen, da zu diesem Zeitpunkt kein geeigneter Referent gefunden wurde. Aber wer aufmerksam die Veröffentlichungen in den sozialen Medien und auf der DGM Webseite verfolgt konnte eine entsprechende Zoom-Veranstaltung mit Frau Professor Dr. Spuler finden.
Ende Mai fand dann die nächste Online-Patientenakademie statt. Dieses mal mit Professor Dr. Young Chefarzt der Neurologie am Medical Park in Bad Feilnbach und mit Dr. Schröder , Chefarzt der Neurologie der Klinik Hoher Meissner in Bad Sooden Allendorf. Thema dieser Veranstaltung war die Notwendigkeit von Kuren auch während der Pandemie. Beide berichteten auch von den konkreten Anforderungen und den Bedingungen, unter denen die Kuren zur Zeit in ihren Kliniken ablaufen.
Und im Juli fand eine Patientenakademie zur Transition, dem schweren Übergang von der Kinder- zur Erwachsenen-Medizin, statt. Als Referenten waren von die Gesellschaft für Transitionsmedizin e.V. Frau PD Dr. Stefanie Märzheuser von der Charite Berlin und der Oberarzt Dr. Husain vom SPZ der UNI-Klinik Jena und der Neurologe Dr. Steinbach dazu eingeladen. Im Verlauf der Veranstaltung wurde deutlich, dass es noch großer Anstrengungen bedarf, diesen Prozess für die Kinder und Jugendlichen weiter zu optimieren. Es geht dabei nicht einfach um einen Arztwechsel. Nein. Es ist die Zeit großer Veränderungen. Die Pubertät, der Wechsel von der Schule in die Lehre oder zum Studium, erste Liebe und dann auch noch der Wehsel aus der umfassenden Betreuung der Kindermedizin zur eigenverantwortlichen Gesundheitsfürsorge im Rahmen der Erwachsenenmedizin. Hier brauchen die Jugendlichen umfassende Begleidung bei der Gestaltung dieses Prozesses. Gerade unser Verein, in dem so viele chronisch kranke Kinder diesen Wechsel mit vollziehen, muss sich dafür einsetzen, dass die Transition in der Politik den notwendigen Stellengrad erhält und auch entsprechend finanziell ausgestaltet wird.
Die beiden letztgenannten Veranstaltungen der Patientenakademie habe ich aufgezeichnet. Wer keine Gelegenheit hatte, daran teilzunehmen, der kann diese Aufzeichnungen bei mir anfordern.
Von großer Bedeutung waren in diesem Jahr der vom dem TMZ ausgerichtete Wissenschaftliche Kongress und die Mitgliedertage der DGM, die beide erstmals als Onlineveranstaltungen von zahlreichen Mitgliedern unseres Landesverbandes verfolgt wurden. Es zeigte sich dabei, dass viele Teilnehmer, die körperlich oder auch zeitlich nicht in der Lage sind, die Präsenzveranstaltungen wahrzunehmen, großes Interesse an dieser Form der Teilhabe am Vereinsleben haben. Dem werden wir auch in Zukunft Rechnung tragen und möglichst viele Veranstaltungen als Hybrid-Veranstaltung , also Präsenz und Online, anbieten.
Liebe Mitglieder und Gäste,
auch im Neuromuskulären Zentrum in Jena gibt es eine Reihe Veränderungen. Seit dem 14.09.2020 arbeitet Frau Barbara Wolfram als Patientenlotse in der Uni Klinik. Sie hat eine Anstellung, die mit 19,5 Stunden durch die DGM finanziert wird und noch ergänzt wird durch die Uni-Klinik. Ziel ihrer Arbeit ist die Verkürzung der Wartezeiten für die Patienten und mehr Patienten-komfort durch die Koordination der Ansprechpartner. Mehr möchte ich dazu jetzt nicht sagen, da sich Barbara in der Diskussion selber noch vorstellen wird.
Die zweite Veränderung ist leider nicht so positiv. Der langjährige Sprecher des TMZ, Herr Dr. Julian Großkreutz hat seine Tätigkeit in Jena beendet und wird ab morgen eine Professur in Lübek übernehmen. Damit geht nicht nur ein enger Verbündeter unseres Landesverbandes für uns verloren, sondern auch sehr viel Fachwissen, insbesondere zur ALS-Erkrankung. Wir wünschen Herrn Professor Dr. Großkreutz aber natürlich alles Gute und eine erfolgreiche Arbeit an seiner neuen Wirkungsstätte. Der DGM als Ganzes bleibt er mit seinem Fachwissen zu neuromuskulären Erkrankungen aber auch weiterhin erhalten. Zur Zeit wird das TMZ kommissarisch von Prof. Dr. Greis geleitet. Anfang September wird eine Beratung mit dem Geschäftsführer der DGM Herrn Sproß und mir im Neuromuskulären Zentrum stattfinden, bei der die weitere Zusammenarbeit abgestimmt werden soll.
Einige Worte zur Mitgliederentwicklung im Landesverband.
Seit unserer letzten Mitgliederversammlung im Mai 2019 haben wir, entgegen der allgemeinen Entwicklung in den Selbsthilfeorganisationen insgesamt, einen leichten Aufwärtstrend in der Mitgliederzahl. Mit Stand von gestern haben wir 160 Mitglieder im LV. Das ist immer noch gemessen an der Zahl der Muskelkranken ausbaufähig. Aber der Trend zeigt doch, dass unsere Arbeit zunehmend angenommen wird und ein großen Bedarf an Informationen vorhanden ist. Leider gab es in den vergangenen Monaten auch eine Reihe von Todesfällen unter unseren Mitgliedern. Stellvertretend seien hier unser langjähriges Mitglied und aktive Kontaktperson Adelheid Bäger genannt. Sie hat sich sehr für die Belange neuromuskulär Erkrankter vor Ort in Eisenberg und Umgebung eingesetzt und in der nun zu Ende gehenden Wahlperiode als Kassenprüfer gearbeitet. Wir werden das Andenken an sie wie an alle verstorbenen Mitglieder in Ehren halten. Ich bitte um eine Minute des Gedenkens….. Danke.
Liebe Mitglieder und Gäste,
unsere DGM ist ein gesundheitsbezogener Selbsthilfeverein. Und Selbsthilfe lebt in erster Linie vom aktiven Mittun seiner Mitglieder. In vielen Kreisen arbeiten die ehrenamtlichen Kontaktpersonen, um muskelkranken Menschen Mut zuzusprechen, ihnen Informationen zu den Erkrankungen zu geben, Ratschläge zum Erhalt von Hilfsmittel zu vermitteln und allgemein als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Dafür gehört ihnen unser Dank. All jenen, die dazu noch eine Selbsthilfegruppe betreuen möchte ich noch besonders Danken. Sie verkörpern den Sinn der Selbsthilfearbeit. Doch leider nimmt die Zahl der aktiven Selbsthilfegruppen in den letzten Jahren leider kontinuierlich ab. Das ist nicht nur der Corona-Pandemie geschuldet, in der die Arbeit der Gruppen natürlich sehr erschwert und teilweise gar nicht möglich war. Sondern das liegt auch daran, dass immer weniger Mitglieder bereit sind eine solche Gruppe zu leiten und dass viele junge Mitglieder den Sinn einer solchen Gruppe nicht erkennen. Aber gerade hier muss uns ein Wechsel gelingen. Nicht nur, dass die Finanzen des Landesverbandes ganz wesentlich von bestehenden Selbsthilfegruppen abhängig sind, sondern auch weil für viele Mitglieder der Austausch mit anderen Betroffenen vor Ort ganz wichtig ist. In Regionen wie Sondershausen und Nordhausen, oder im Raum Arnstadt und Suhl müssen wir aktiver werden und für einige Personenkreise wie die Eltern muskelkranker Kinder oder ALS Kranker müssen wir neue Selbsthilfegruppen
bilden. Dieses Ziel hatten wir bereits in den vergangenen Jahren, aber Corona hat uns auch da ausgebremst. Nun ist dies eine dringliche Aufgabe für den neu zu wählenden Vorstand.
Gestatten sie mir noch einige Worte zu den Finanzen. Der Thomas Hörnlein wird ja nachher noch ausführlicher dazu Stellung nehmen. Von mir nur so viel: Die finanzielle Lage unseres Vereins ist sehr gut. Dazu hat natürlich auch Corona beigetragen. Viele Mittel, die für die Arbeit eingeplant waren, wurden nicht verausgabt. Selbst wenn man berücksichtigt, dass eine Reihe der Fördermittel zurückerstattet werden mussten, b.z.w. auf das neue Jahr übertragen wurden, haben wir immer noch eine solide finanzielle Basis. Das ist auch darauf zurück zu führen, dass wir die Mittel kostensparend einsetzen.